Grätzlfest

Musik strömt durch die Straßen

Samstag Nachmitag. Sommer in Wien. Die Temperaturen schrauben sich langsam in die Höhe. Die Stadt ist still. Wie ausgestorben. Niemand da. Alle scheinen ihr städtisches Domizil verlassen zu haben, haben zumindest die öffentlichen Bäder Wiens gestürmt oder aber sind gleich weg aufs Land gefahren. 

Der 8. Bezirk. Ein Bezirk, der niemals schläft. Highlife beinahe rund um die Uhr. An jeder Ecke gibt es wenigstens zwei Lokale. Doch nun, im Sommer, ist es still in den Lokalen. Still in den Gassen. Beinahe unheimlich. 

Doch da. Ein Geklapper, ein Geschepper, ein Geschiebe. Es regt sich was in den Häuserschluchten des 8. Bezirks. Leben. Lärm. Menschen. Fenster werden geöffnet, Köpfe schauen heraus. Doch nicht ausgestorben, dieses sommerliche Wien!

Das Geschiebe macht mich neugierig. Ich verlasse das Haus. Gemeinsam mit mir scheinen auch andere Nachbarn nachschauen zu wollen, was der Lärm denn da soll.

Die Nachbarschaft ist klein. Der 8. Bezirk ist klein – nach dem 1. der kleinste Bezirk Wiens. Ein bunter Haufen wohnt hier – Menschen aus aller Herren Länder, jeder Konfession, Heteros, Schwule, Lesben. Der 8. Bezirk ist ein „überalteter“, aber schön langsam baut sich hier eine Enklave von künsterlischen Geistern auf. Doch unsere „älteren“ Nachbarn fügen sich gut und gern in das Umfeld ein. Ich lebe gern hier im 8. „Man“ lebt! Der 8. lebt!

Ich gehe mit ein paar Leuten ums Eck meiner Gasse und siehe da: Tische, Bänke, ein Bierausschank, eine Bühne. Letzteres noch im Aufbau begriffen. Ein Grätzlfest steht an!

Ein Grinsen geht über all die neugierigen Gesichter, die mit mir gekommen sind. Freude. 

Die Gasse, in der das Grätzlfest stattfindet, ist nicht lang. Aber gleich bei mir ums Eck.

Ich gehe rasch einkaufen. Wieder daheim öffne ich meine Fenster sperrangelweit. Lasse den Sommer herein. Meine Frau Katz räkelt sich genüsslich auf ihrem Katzenbalkon am Fenster in der Sonne. Schnurrt. Und schnurrt. 

Doch das Schnurren meiner Frau Katz hält nicht lang an. Denn da geht es los, das Grätzlfest. Lärm. Gequietsche, das Mikro muss eingestellt werden, die Band spielt sich warm. Frau Katz verschwindet vorsorglich unter dem Bett. „Katz“ kann ja nie wissen …

Wieder Köpfe, die aus den Fenstern  schauen. Grinsend. Vorfreude macht sich breit. Haustüren öffnen sich, die Leute strömen zum Geschehen. Die Band hat sich eingespielt. Das Fest geht los. Musik schallt durch die engen Häuserschluchten des 8. Bezirks. Von überall her strömen neugierige Passanten zum Grätzlfest.

Ich sitze an einem meiner Fenster. In meinem bequemen Korbsessel mit einem Pint Bier in der Hand und lausche der Musik. Schliesse die Augen. Die Band ist gut. Die nachfolgende noch besser. Nun hält es auch mich nicht mehr zu Hause. Ein Freund, der normalerweise in Brüssel wohnt und gerade mal in Wien auf Besuch ist, schließt sich mir an. 

Also liebe Leute, ich muss jetzt weg. Das Grätzlfest ruft – ich MUSS einfach abfeiern gehen! 🙂



Kategorien:Online-Journalismus, Reisen

1 Antwort

  1. Schöne Startbeschreibung hast du da abgegeben, kipet. Bringst du uns auch Bilder mit?

    Das ist doch bestimmt auch was für dich:
    http://1668cc.wordpress.com/2009/06/06/chillige-buchprasentation/

    • Hi Wortman,

      hab’s gestern leider nicht mehr zur Lesung geschafft. Daher kommen keine Fotos. Ich hoffe, ich kann es mir beim nächsten Mal besser einrichten. Der Blog ist auf jeden Fall sehr interessant und ich bleib dran! 🙂

      LG Kipet

  2. Fotos – leider nein. Hab die Kamera in der großen Aufregung daheim lassen. Auch mein Geldbörserl – und gut war’s, denn leider war ein Langfinger unterwegs … (Einmal Börserlklau im Leben sollte reichen!)

    Voll toller Link, den Du mir da geschickt hast. Interessant. Leider kann ich am 16. nicht – gehe ins Burgtheater. Aber vielleicht schau ich danach noch bei der Lesung vorbei. Ist ja net weit. Mal schauen.

    Wünsch Dir noch einen super Sonnensonntag!
    LG Kipet

  3. Schade wegen der vergessenen Kamera 😉

    Solltest du zu der Lesung gehen, mach bloß Bilder 😉

  4. Sollte es sich ausgehen – YÄSSIR! 😉

  5. Bei so einem Grätzlfest vor der Haustür würde es mich auch nimmer in der Bude halten!
    Gegenüber meiner Wohnung befindet sich ein kleines Lokal, in dem normalerweise Bagels und Muffins angeboten werden. Jeden Freitag Abend wird dort Musik vom Allerfeinsten gemacht. Da sitze ich gerne am offenen Fenster, ein Glaserl Wein oder einen Humpen Bier in der Hand, lausche auf die virtuosen Klänge einer Mischung aus Softjazz, Country, Blues, Rock, Klezmer und Klassik, staune, freue mich und träume vor mich hin.
    Liebe Grüße!

  6. Hallo freidenkerin, willkommen auf meinem Weblog!

    Grätzlfeste finden leider viel zu selten statt. Ich finde, dass es die Menschen eines Grätzls einander näher bringt – was gerade die Anonymität einer Großstadt ein bisserl torpediert.

    Wenn man so ein feines Lokal wie Du in seiner Nähe hat, kann man sich froh schätzen. Ich hatte hier in meiner Staße aber einmal eine Disco, die sich durch den Lärm ihrer Gäste nicht gerade viele Freunde gemacht hat. Heute gibt es kein Lokal mehr in unserer Gasse …

    LG Kipet

  7. So eine Schicki-Micki-In-Kneipe, deren Gäste ohne Rücksicht auf Anwohner die Nacht zum Tage machen, habe ich einen Steinwurf von meiner Wohnung entfernt auf der anderen Straßenseite. Ich habe schon sehr oft mit dem Gedanken gespielt, die Herrschaften einmal bei der Polizei anzuzeigen. Der liebenswerte Wirt von dem Bagels-and-Muffins-Lokal achtet sehr sorgfältig darauf, daß ab 23.00 Uhr kein Laut mehr nach draußen dringt. Da geht’s bei den Genossen von der Kneipe „Barer47“ erst so richtig los!
    Liebe Grüße, wünsche dir eine gute und schöne Woche.

  8. Man sollte ja meinen, Menschen, die in ein Lokal sind, wären erwachsen. Wie die sich da teiweilse aber aufführen können – ohne Rücksicht auf Verluste – grenzt ja schon an Idiotie!

    Dir auch eine schöne Woche!
    Baba Kipet

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