Indische Filmnacht auf VOX

In der Nacht von gestern (4. April) auf heute zelebrierte der deutsche Privatsender VOX im „dctp NACHTCLUB“ die „Indische Filmnacht“ und zeigte zwei außergewöhnliche Machwerke made in Bollywood.

Satta – Das Spiel der Macht (Indien, 2003. OmU)

Der Plot:
Die bildschöne PR-Beraterin Anuradha (Raveena Tandon) verliebt sich in den Politikersohn Vivek (Sameer Dharmadhikari). Die beiden heiraten und ziehen in Viveks Elternhaus. Doch schon bald nach der Hochzeit wird Anuradha auf ihren Platz verwiesen: sie muss ihren Job aufgeben, sich die Bosheiten der Schwiegereltern gefallen lassen und hat generell in Viveks Familie keine Stimme.

Die Wahlen stehen an und Viveks Aufstieg zum Minister scheint vorprogrammiert. Die Beziehung zwischen den Jungvermählten verschlechtert sich. Als Anuradha Vivek bei einem Techtelmechtel beobachtet, kommt es zum Streit. Vivek schlägt seine Frau und will in einer Bar seinen Frust ertränken. Doch auch dort hat er sich nicht mehr unter Kontrolle und erschießt in einem Wutanfall die Bardame. Vivek wird verhaftet, seine politische Karriere ist zu Ende. Um den Sohn aus der Haft zu befreien, besticht die Familie erfolglos Polizei und Behörden.

Das Leben in der Partei geht weiter. Um Viveks politische Vorarbeit zu nutzen, überreden die Parteibonzen Anuradha die Geschäfte ihres Mannes zu übernehmen und stellen ihr den zwielichtigen Parteiberater Yashwant (Atul Kulkarni) zur Seite. Anfangs nur zögerlich agierend, nimmt Anuradha ihre politische Macht an und mischt mit Korruption, Mafia, Mord und Doppelmoral auf. Am Ende erklärt sie ihr nicht immer korrektes Verhalten mit den Worten: „Um einer Kobra die Giftzähne zu ziehen, muss man sie täuschen.“

Rezension:
Madhur Bhandarkar, verantwortlich für Regie und Drehbuch, bricht mit „Satta“ gleich mehrere Tabus des traditionellen Bollywoodfilms. Er nimmt sich Themen wie Sex, Ehebruch, Gewalt in der Ehe, Prostitution, Korruption, Mafia, Mord an und reflektiert die gelebte Doppelmoral der indischen Gesellschaft. Die weibliche Hauptrolle spielt Raveena Tandon, die mit ihrer eindrucksvollen Mimik die ganze Wut indischer Frauen widerspiegelt, die in einem althergebrachten Kasten- und Wertesystem regelrecht untergehen.

Mr. and Mrs. Iyer (Indien, 2002. OmU)

Der Plot:
Meenakshi Iyer (Konkona Sen Sharma) wartet gemeinsam mit ihren Eltern an einer Haltestelle im Himalaya auf den Bus, der sie und ihr Baby zu ihrem Mann nach Kalkutta bringen soll. Sie lernen den Fotografen Raja (Rahul Bose) kennen und Meenakshis Mutter bittet ihn, während der Reise auf ihre Tochter und den Enkel zu achten. Trotzdem sie unterschiedliche Sprachen sprechen, kommen Meenakshi und Raja einander näher.

Die friedliche Reise endet abrupt, als fundamentalistische Hindus auf der Suche nach moslemischen Glaubensbrüdern den Bus stürmen. Um Moslem Raja vor einem grausamen Tod zu retten, gibt Meenakshi, eine strenggläubige Angehörige der südindischen Brahmanen-Kaste, ihn als ihren Ehemann, Mr. Iyer, aus. Aus einer Zweckgemeinschaft entwickeln sich echte Gefühle. Doch der richtige Mr. Iyer wartet am Ende in Kalkutta …

Rezension:
Aparna Sen (Drehbuch und Regie) entspinnt in ihrem absolut Bollywood-untypischen Low-Budget-Streifen ein beeindruckendes Werk über Toleranz, Mitgefühl und Liebe. Das im Hintergrund ablaufende Thema der oft brutal verlaufenden Konflikte zwischen den einzelnen Religionen in Indien wird erdrückend in den Plot eingewoben und plädiert für mehr Verständnis und Akzeptanz. Sens Tochter Konkona Sen Sharma erhielt für ihre Darstellung der Meenakshi den „Silver Lotus Award“. Aparna Sen selbst wurde für „Mr. and Mrs. Iyer“ mit dem „Goldenen Lotus Award“ für die beste Regie, und dem „Silver Lotus Award“ für das Drehbuch geehrt.

Links:

Raveena Tandon: http://german.imdb.com/name/nm0849199/

Sameer Dharmadhikari: http://german.imdb.com/name/nm1282863/

Atul Kulkarni: http://german.imdb.com/name/nm0474609/

Madhur Bhandarkar: http://german.imdb.com/name/nm1055105/

Konkona Sen Sharma: http://german.imdb.com/name/nm1234298/

Rahul Bose: http://german.imdb.com/name/nm0097893/

Aparna Sen: http://german.imdb.com/name/nm0031967/



Kategorien:Bollywood, Medienreportagen

1 Antwort

  1. Klingt nach zwei tollen Filmen. Bin selbst kein Bollywood-Fan, aber bei beiden Streifen dürften enige Tabus geborchen worden sein. Gab es auch wieder diese ollen Sing-Dance-Sequenzen?

  2. Die beiden Filme waren wirklich außergewöhnlich! Würde sie sogar als cineastisch bezeichnen!

    In „Satta“ gab es zwei Sing-Dance-Sequenzen, allerdings wurden sie sehr unaufdringlich ins Geschehen eingebettet. Einmal, als Anuradha und Vivek sich in einer Disco kennen lernen, und die zweite passierte auf einem Politfest, als eine Gruppe junger Mädchen für Politiker und Sponsoren tanzten. Die beiden Hauptdarsteller tanzten jedoch nie, was man ja normalerweise in Bollywoodstreifen sieht.

    In „Mr. and Mrs. Iyer“ wurde überhaupt nicht getanzt. Total a-typisch. Allerdings wurde der Film fast ständig mit einem matramähnlichen Singsang „Don’t look away“ unterlegt, was sehr eindringlich rüber kam.

  3. gut, dass ich dich erwischt, kipet – ich hoffe, ich tu’s auch noch! sag, die filme waren anscheinend OmU. war das nicht schwer – oder kannst du hindi, oder was auch immer die schauspieler gesprochen haben? oder haben sie englisch gesprochen?

  4. Hi Eleonora,
    hast mich wirklich grad noch erwischt … 😉

    Wenn ich ehrlich bin, war das schon anfangs etwas gewöhnungsbedürftig. In „Satta“ sprachen die Schauspieler – ich denke es war – Hindi und warfen ab und an ihr Pidgin English ein. Aber Gott sei Dank gab es eben die Untertitel.

    „Mr. and Mrs. Iyer“ begann schon mit den Worten „… in Indien gibt es 18 Religionen und wenigstens so viele Sprachen …“. Also haben Meenakshi und Raja, die aus unterschiedlichen Kulturkreisen kommen, gleich Englisch gesprochen. Raja sprach sogar ein ziemlich verständliches Englisch, wohingegen Meenakshi mich mit ihrem Pidgin entzückte. Man gewöhnt sich bald daran.

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